Das berufliche Jahresgespräch – Zielvereinbarung im Performance & Development Interview

In meiner Firma werden jedes Jahr Performance & Development Interviews (P&D) durchgeführt. Der jeweilige Vorgesetzte schließt sich dabei für 1-2 Stunden mit einem Mitarbeiter in einen Raum und gemeinsam wird die Arbeit des letzen Jahres reflektiert und persönlich Ziele für das kommende Jahr gesetzt.

Die persönlichen Ziele müssen in unserer Firma bereits im Vorfeld vom Mitarbeiter ausgearbeitet werden. Der Vorgesetzte macht im P&D eigentlich nur noch Verbesserungsvorschläge und überprüft, ob die Ziele SMART sind.

Für alle die, die in ihrem Beruf nicht mit wichtig klingenden Akronymen bombardiert werden, hier die Erklärung: „Smarte Ziele“ sind

  • S·pezifisch
  • M·essbar
  • A·ngemessen
  • R·ealisierbar
  • T·erminiert (sie haben eine Deadline)

Ich hatte mein P&D gestern. Im Vorfeld habe ich mir zur Vorbereitung ein paar Stunden Zeit genommen und möchte behaupten, dass ich, indem ich mir ein paar simple Fragen selbst beantwortet habe, gut vorbereitet ins Gespräch gegangen bin.


Der letzte Jahr

Ich hatte Anfang 2014 meinen Einstieg ins „echte“ Berufsleben (im Gegensatz zu den ganzen Nebenjobs, die ich schon geschoben habe). Mein erstes P&D war direkt in meiner ersten Arbeitswoche und die Ziele, die dort vereinbart wurden, waren eigentlich nur „Sei nützliches Mitglied des Teams“ und „Arbeite dich in die projektspezifische Fachlichkeit ein“.

Normalerweise sind die Ziele jedoch konkreter (SMART). Folgende Fragen sind dann hilfreich:

Persönliches:

  • Was waren meine Aufgaben und wie erfolgreich habe ich sie erfüllen können?
  • Was sind ggf. die Gründe, dass eine Aufgabe mir schwer fiel oder ich vielleicht sogar an ihr gescheitert bin?
  • Was waren meine Ziele? Habe ich sie erreicht?
  • Was sind die Gründe, wenn ich ein Ziel nicht erreichen konnte?
  • Was sind meine Stärken und wo konnte ich sie zeigen

Allgemeines:

  • Welche Probleme gab es im Projekt / im Team? Wo liegen die Gründe?
  • Was sind aktuell relevante Themen und was ist meine Meinung dazu?
  • Welche weiteren allgemeinen Fragen könnten kommen und wie würde meine Reaktion darauf aussehen?

Man sollte sich nur bewusst werden, was Probleme waren, damit man sinnvoll und bedacht reagieren kann, falls der Vorgesetzte einen darauf anspricht. Es geht bei dem ersten Punkt nicht darum, jemand anderen mit Dreck zu bewerfen. Denn:

In meinem P&D geht es nur um mich. Auf keinen Fall darf ich einen Kollegen als negatives Beispiel in welchem Kontext auch immer heranziehen. Auf meine Initiative sollte nicht mal der Name eines Kollegen fallen. Wenn mein Vorgesetzter anfängt über eine Person zu reden, dann muss ich stets kollegial und respektvoll bleiben, selbst, wenn es um jemanden geht, von dem ich denke, dass er keine gute Arbeit leistet! 

Schlecht über jemand anderen Reden fällt nämlich wirklich absolut immer negativ auf einen selbst zurück. Man sollte dies also auf keinen Fall vor dem eigenen Vorgesetzten tun.


Selbstbild vs. Fremdbild

Der Selbstbild/Fremdbild-Check wird wahrscheinlich jedem Berater etwas sagen, ist aber in allen Bereichen, beruflich wie privat, von Nutzen. Es geht dabei darum, wie man sich selbst wahrnimmt und wie man von seinem Umfeld wahrgenommen wird. Die zwei Betrachtungsweisen können, und das passiert eigentlich meistens, zu zwei völlig unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Ein Beispiel: Ich habe einen Kollegen in meinem Projekt, Anfang 30, Informatiker. Ich habe eine Zeit lang im Büro der Programmierer gesessen und dort mitbekommen, dass er zu denen gehört, die am Schnellsten und Saubersten arbeiten. Sein Selbstbild geht also in die Richtung: „Ich leiste gute Arbeit in kürzerer Zeit als alle anderen in meinem Team. Ich bin ein wertvolles und produktives Mitglied dieses Projekts“ (ich spekuliere hier natürlich).

Sein Fremdbild ist ein völlig anderes: Für gewöhnlich sieht man ihn mit Käffchen und Hand in der Jeanstasche gemütlich durch die Flure der Geschäftsstelle schlendern. Häufig steht erauch in der Kaffeeküche und hält Pläuschchen mit Kollegen. Außerdem geht es oft früher, manchmal schleicht er sich dann durchs Treppenhaus raus, weil er so nicht am Büro des Projektleiters vorbei gehen muss. Er wirkt auf Leute, die nicht direkt mit ihm im IT-Team sitzen, gemütlich und fast schon faul.

Fremdbild und Selbstbild gehen hier total auseinander. Prinzipiell ist das nichts Schlimmes, man muss bloß reflektiert genug sein, um sich dessen bewusst zu werden. Ich habe mich mit dem Kollegen auch mal indirekt über seine Situation  unterhalten. Dabei ist herausgekommen, dass er liebt, was er tut, aber familiär so fest abgesichert ist, dass er absolut keine Anstalten machen muss befördert zu werden. Viel  lieber arbeitet er zügig, geht dafür früher und verbringt seine Zeit mit seinem kleinen Söhnchen, der gerade angefangen hat zu laufen. Dass er faul wirken könnte, ist ihm egal. Er hat Spaß bei der Arbeit und versteht sich mit seinen Kollegen – das reicht ihm beruflich.

Leider kann nur den wenigsten von uns wirklich egal sein, wenn Selbstbild und Fremdbild stark voneinander abweichen. Wenn man sich seine eigene Leistung im letzten Jahr noch einmal vor Augen führt, sollte man also stets auch versuchen, diese einmal von Außen zu betrachten.

Fragen zur Selbstbeurteilung:

  • Wie war meine Kommunikation im Team?
  • Gibt es Spannungen mit einzelnen Kollegen? Wie möchte ich reagieren, falls mich mein Vorgesetzter auf diese anspricht?
  • Welche Aufgaben habe ich besonders gut bewältigt? (Genau fünf Situationen bzw. Aufgaben aufschreiben, von denen man denkt, dass man da besonders gute Arbeit geleistet hat. Nicht mehr, nicht weniger.)
  • Welche Aufgaben haben mir Schwierigkeiten bereitet?
  • Konnte ich Termine einhalten?
  • Wie ist meine Außenwirkung?

Viel schlimmer als negative Kritik ist es, nicht auf sie vorbereitet gewesen zu sein. Es ist wichtig in einem solchen Fall bedacht reagieren zu können und das gelingt einem, spontan aus der Hüfte geschossen, nur selten. Dabei ist vor allem der feine Unterschied zwischen Begründungen für die mangelhafte Leistung und Ausreden zu berücksichtigen.

Bei gerechtfertigter, negativer Kritik ist es außerdem keine Schwäche zu sagen „Ja, damit haben Sie recht. Mir war das nicht bewusst, aber ich werde ab jetzt mehr darauf achten.“ oder ähnlich. Im Gegenteil, der Vorgesetzte wird ein gesundes Maß an Einsicht zu schätzen wissen.


Das kommende Jahr: Zielformulierung

Wenn man seine Ziele SMART formuliert, sollte man vor allem darauf achten, dass man klar definiert, wann sie erreicht sind, inklusive festem Termin. Ziele wie „Ich möchte mich tiefer in ein bestimmtes Aufgabengebiet einarbeiten…“, reichen nicht aus. Erst wenn man ein „…und dafür möchte ich bis zum Ende des Jahres folgende Schulung oder Zertifizierung absolvieren“ dranhängt, wird ein Schuh draus 😉 Die verbuchten Erfolge müssen im Nachhinein belegbar sein.

Zur Findung konkretere Ziele, haben mir folgende Fragen geholfen:

  • Habe ich Schwächen, die mich wirklich in der Durchführung meiner Arbeit behindern? Gibt es Schulungen oder andere Wege, die mir da dauerhaft helfen können?
  • Gibt es Stärken, die ich weiter ausbauen möchte, zum Beispiel durch Zertifizierungen?
  • Gibt es Themen oder Aufgabengebiete, die mich besonders interessieren? Was kann ich tun, um da schneller hinzukommen?
  • Ist eine berufliche Weiterbildung für mich sinnvoll und könnte ich das neu erlernte Wissen in meinen Arbeitsalltag einbringen?

Noch eine abschließende Bemerkung:

Es reicht nicht zu sagen, was man nicht will. Dein Vorgesetzter kann keine Gedanken lesen. Wenn du nicht zufrieden bist, mit dem, was du den ganzen lieben langen Tag tust, dann solltest du dir ganz konkret überlegen, wo du zufriedener wärst. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Beschweren hat nichts gebracht, aber in dem Moment, wo ich gesagt habe „Das will ich machen! Wie komm ich da hin?“ hatte ich den vollen Support meines Vorgesetzten.


PS: Eins meiner Ziele war im Laufe des Jahren 2015 befördert zu werden. Das konnte ich direkt abhaken, weil mir in meinem P&D gesagt wurde, dass dies zum 1.4. geschehen wird. Nix mehr mit „Junior“. Eine ganz kleine Gehaltserhöhung von 4,5% gibt es zum 1.7. dann auch. Mehr war nicht drin und ich bin die letzte, die sich über 2000€ extra im Jahr beschwert 😉

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